Juli 3, 2025
BILBoardBILBoard Sommer 2025 – Immer Sonnencreme tragen
Die US-Aktienmärkte haben sich eindrucksvoll erholt: Von den Tiefständen eines beinahe Bärenmarktes ausgehend, legten sie eine Rallye im Umfang von rund 10 Billionen US-Dollar hin und nähern sich nun neuen Allzeithochs. Die geopolitische Entspannung im Nahen Osten sowie die zunehmenden Erwartungen an Zinssenkungen durch die US-Notenbank (Fed) haben die Risikobereitschaft der Anleger gestärkt. Dennoch mahnt die aktuelle Marktlage zur Vorsicht – insbesondere in den risikoreicheren Marktsegmenten.
Im Rahmen unserer jüngsten Asset Allocation haben wir gezielte Maßnahmen ergriffen, um unsere Portfolios robuster aufzustellen. Konkret haben wir unsere Allokation in US-Nebenwerte reduziert und die Gelegenheit eines Rücksetzers genutzt, um unsere Goldpositionen auszubauen. Im Anleihesegment haben wir unsere USD-Exponierung weiter verringert, indem wir Positionen in variabel verzinslichen, US-Dollar-denominierten Anleihen veräußert und die Erlöse in europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen mit festen Kupons umgeschichtet haben. Diese bieten stabilere und planbarere Ertragsströme.
MAKROÖKONOMISCHER AUSBLICK
VEREINIGTE STAATEN
Für die US-Wirtschaft wird im weiteren Jahresverlauf eine Wachstumsverlangsamung erwartet. Belastungsfaktoren sind unter anderem neue Importzölle, politische Unsicherheiten, Inflationsrisiken sowie eine nachlassende Konsumdynamik.
Nach vorgezogenen Käufen zu Jahresbeginn – als Reaktion auf angekündigte Zollerhöhungen – zeigen US-Haushalte nun eine zunehmende Ausgabenzurückhaltung. Der durchschnittliche effektive Zollsatz auf US-Importe liegt aktuell auf dem höchsten Niveau seit den 1970er Jahren. Bisher scheinen vor allem Unternehmen die Mehrkosten getragen zu haben. Die anstehende Berichtssaison ab Mitte Juli dürfte Aufschluss darüber geben, wie stark sich diese Belastungen in den Unternehmensbilanzen niederschlagen.
Die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Handelsgespräche bleibt hoch. Angesichts der jüngsten geopolitischen Spannungen erscheint die ursprünglich gesetzte Frist vom 9. Juli für ein Abkommen zunehmend unrealistisch. Die US-Regierung signalisiert nun eine mögliche Verschiebung bis zum Labor Day (1. September).
Gleichzeitig stützen rückläufige Inflationsdaten die Hoffnung auf geldpolitische Lockerungen. Allerdings könnten sich bestehende Zölle mit zeitlicher Verzögerung inflationssteigernd auswirken – insbesondere, da viele Unternehmen Lagerbestände für etwa drei Monate halten. Frühindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes (PMI) deuten bereits auf steigenden Preisdruck im verarbeitenden Gewerbe hin.
Ein erneuter Inflationsanstieg würde die Fed in eine schwierige Lage bringen: Zwischen dem Wunsch nach Zinssenkungen zur Wachstumsstützung und der Notwendigkeit, Preisstabilität zu gewährleisten. Die Märkte preisen derzeit zwei Zinssenkungen à 25 Basispunkte bis Jahresende ein – im Einklang mit den jüngsten Projektionen der Fed. Ob diese realisiert werden, hängt maßgeblich vom Verlauf der Handelsverhandlungen und deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft ab.
Positiv zu werten sind potenzielle Wachstumsimpulse durch fiskalpolitische Maßnahmen (z. B. das „Big Beautiful Bill“-Paket), regulatorische Erleichterungen im Bankensektor sowie Produktivitätsgewinne durch den verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Automatisierung.
EUROPA
Die Vorverlagerung von Exporten in die USA hat das Wachstum im ersten Quartal 2025 auf 0,6 % gehoben – der stärkste Wert seit Q3 2022. Die Europäische Zentralbank (EZB) hält an ihrer Wachstumsprognose von 0,9 % für das Gesamtjahr fest, verweist jedoch auf eine Abschwächung der Dynamik im weiteren Jahresverlauf.
Ein starker Euro und anhaltende Handelsunsicherheiten stellen Gegenwind für europäische Exporteure dar. Gleichzeitig zeigen sich erste Erholungstendenzen im verarbeitenden Gewerbe: Die Auftragseingänge stabilisieren sich erstmals seit drei Jahren.
Die Inflation liegt unter dem EZB-Ziel von 2 % und scheint derzeit gut kontrolliert. Es wird erwartet, dass die EZB ihren Lockerungszyklus über den Sommer pausiert und eine neutrale Haltung einnimmt, bevor sie gegen Jahresende eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte vornimmt. Fiskalische Impulse dürften sich erst mit zeitlicher Verzögerung auf das Wachstum auswirken.
CHINA
Die chinesische Wirtschaft hat zuletzt positiv überrascht – gestützt durch vorgezogene Exporte in die USA sowie starke Konsumausgaben im Rahmen des „618“-Shopping-Festivals im Mai, das Rekordumsätze im Onlinehandel verzeichnete. Der Ausblick bleibt jedoch verhalten. Die von den USA verhängten Strafzölle von 55 % – wenngleich geringer als die ursprünglich angedrohten 145 % – belasten weiterhin die Exportaussichten. Die Industrieproduktion fiel im Mai auf ein Sechsmonatstief. Investoren zeigten sich enttäuscht über das Ausbleiben neuer fiskalpolitischer Impulse beim jüngsten Finanzforum. Die Hoffnungen richten sich nun auf das bevorstehende Politbüro-Treffen im Juli, das klarere Signale zur wirtschaftlichen Unterstützung liefern könnte.
ANLAGESTRATEGIE
Nach den jüngsten Anpassungen in unserer strategischen Asset Allocation halten wir aktuell eine moderate Untergewichtung in Aktien. Innerhalb dieser Allokation bleibt die USA unsere bevorzugte Region, gestützt durch mehrere fundamentale und technische Faktoren:
- Anhaltender KI-Optimismus und robuste Investitionen in Hyperscaler-Infrastrukturen
- Rekordverdächtige Aktienrückkäufe, die für das laufende Jahr erwartet werden
- Positive technische Marktbedingungen, mit einer Nachfrage, die das Angebot übersteigt
- Aufwärtsrevisionen der Unternehmensgewinne sowie ein schwächerer US-Dollar, der das Gewinnwachstum (EPS) zusätzlich unterstützt
Trotz dieser positiven Impulse erscheinen die Bewertungen auf Indexebene zunehmend ambitioniert, was eine selektivere Titelauswahl erforderlich macht.
Wir haben unsere Position in US-Nebenwerten (Small Caps) vollständig aufgelöst. Dieses Marktsegment reagiert in der Regel empfindlicher auf konjunkturelle Abschwächungen, da die darin enthaltenen Unternehmen häufig über weniger diversifizierte Einnahmequellen, schwächere Bilanzen und geringere Preissetzungsmacht verfügen. Während große US-Technologieunternehmen über erhebliche Liquiditätsreserven verfügen, fehlt kleineren Unternehmen oft der Spielraum, um externe Schocks – etwa durch Zölle – abzufedern. Zudem sind Small Caps in Stressphasen oft weniger liquide und volatiler, was sie anfälliger macht.
Parallel dazu haben wir den jüngsten Rücksetzer genutzt, um unsere Goldallokation auf 5 % über alle Risikoprofile hinweg zu erhöhen. Gold fungiert als Absicherung gegen Inflationsrisiken in den USA sowie gegen anhaltende geopolitische Unsicherheiten. Eine aktuelle Umfrage unter Zentralbanken zeigt, dass viele Notenbanken planen, ihre Goldreserven im laufenden Jahr weiter auszubauen – ein zusätzlicher unterstützender Faktor.
Die Zinsentwicklung auf beiden Seiten des Atlantiks zeigt derzeit keinen klaren Trend. Während hohe Emissionsvolumina und externe Faktoren die Renditen zuletzt steigen ließen, spricht die saisonale Emissionsdynamik für eine bevorstehende Entspannung. Die EZB dürfte angesichts moderater Inflation und schwächerer Konjunkturaussichten noch eine letzte Zinssenkung vornehmen. Wir sehen daher begrenztes Aufwärtspotenzial für Renditen in der Eurozone.
In den USA hingegen könnte das von Präsident Trump vorgeschlagene Steuerpaket das Haushaltsdefizit deutlich ausweiten und das Finanzministerium zu umfangreichen Anleiheemissionen zwingen. Zwar wird argumentiert, dass Zölle und höheres Wachstum zur Schuldensenkung beitragen könnten, doch bestehen erhebliche Bedenken hinsichtlich der fiskalischen Nachhaltigkeit, was sich in einer potenziell steigenden Laufzeitprämie widerspiegeln könnte.
Vor diesem Hintergrund bevorzugen wir europäische Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating. Wir haben Positionen in USD-variabel verzinslichen Anleihen abgebaut und in Euro-denominierte Unternehmensanleihen umgeschichtet. Die technischen Rahmenbedingungen bleiben hier günstig – mit stabilen Mittelzuflüssen und einem aktiven Primärmarkt. Auch die Fundamentaldaten überzeugen: Laut Moody’s übersteigen Rating-Upgrades die Herabstufungen deutlich, und der Ausfallzyklus in Europa dürfte seinen Höhepunkt erreicht haben.
Die Spreads von Hartwährungsanleihen aus Schwellenländern haben sich nach der jüngsten Ausweitung weitgehend normalisiert, wobei Staatsanleihen die Erholung anführten. Da diese nun wieder relativ teuer erscheinen, gewinnt das Segment der Lokalwährungsanleihen an Attraktivität – insbesondere als Diversifikator im Portfolio. Dieses Segment war bislang das erfolgreichste im laufenden Jahr, unterstützt durch einen schwächeren US-Dollar und eine veränderte Marktstimmung. Während zuvor ein stärkeres US-Wachstum und ein festerer Dollar erwartet wurden, hat sich der Fokus nun verschoben.
Infolge unserer Umschichtungen hat sich unsere USD-Exponierung reduziert. Angesichts des aktuell niedrigen Niveaus des Greenback sehen wir derzeit wenig Potenzial für eine nachhaltige Aufwertung.
FAZIT
Die Aktienmärkte bewegen sich in Richtung neuer Allzeithochs – getrieben nicht zuletzt durch einen Anstieg des FOMO (Fear of Missing Out). Auch wenn es keinen Grund gibt, sich vollständig aus dem Markt zurückzuziehen, ist Vorsicht geboten. Die geopolitische Lage bleibt fragil, und die Auswirkungen von Zöllen auf Inflation, Unternehmensmargen und Wachstum sind noch nicht vollständig absehbar.
Diversifikation und Flexibilität bleiben daher die besten Schutzmechanismen – unser „Sonnenschutzfaktor“ in einem zunehmend komplexen Marktumfeld.
Wenn Sie Unterstützung bei der Umsetzung unserer Einschätzungen in konkrete Anlageentscheidungen wünschen, wenden Sie sich bitte an Ihren persönlichen Kundenbetreuer oder Anlageberater.
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