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December 23, 2019

BILBoard – Das Jahr 2019 ist vorüber

Die letzte Ausgabe unseres BILBoard im Jahr 2019 ist eine Kurzfassung unseres umfassenderen Ausblicks auf 2020, den Sie in unserem Blog „Investment Insights“ finden. Kurz gesagt geht unser gesamtwirtschaftliches Szenario davon aus, dass 2020 der Weg für weiteres Wachstum frei ist, da solche Risiken wie eine Verschärfung des Handelskriegs und ein Brexit ohne Abkommen abklingen. Allem Anschein nach liegt der „synchronisierte Abschwung“ größtenteils hinter uns, und die gesamtwirtschaftlichen Daten erreichen allmählich die Talsohle. Problematisch ist, dass die Aktienmärkte der Entwicklung vorgreifen und etwas überstürzt einen Aufschwung in die Kurse einrechnen. Falls dieser Aufschwung nicht eintritt, droht eine herbe Enttäuschung und die Unternehmen werden Mühe haben, die ambitionierten Gewinnerwartungen der Analysten für das kommende Jahr zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund beginnen wir das neue Jahr mit einer konservativen Positionierung; dabei beurteilen wir Aktien neutral und halten zum Schutz vor Volatilität zusätzlich Staatsanleihen. Die Qualität wird bei der Auswahl der Vermögenswerte für uns das A und O sein.

Mit der Bereitstellung von
Liquidität haben die Zentralbanken maßgeblich dazu beigetragen, für
wachstumsfördernde Bedingungen zu sorgen – und werden dies auch künftig
tun. So haben die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) bei
ihren Sitzungen im Dezember verlauten lassen, dass sie im nächsten Jahr bei der
Geldpolitik mehr oder weniger auf „Autopilot“ schalten werden. Im Punkteplot
der Fed sind keine Zinsänderungen für 2020 ersichtlich, und die EZB wird
weiterhin Anleihen für 20 Mrd. EUR pro Monat kaufen und die Zinssätze erst
dann von ihrem aktuellen Rekordtief von -0,5 % anheben, wenn das
Anleihekaufprogramm beendet ist. Die chinesische Zentralbank erklärte, sie
werde zur Stärkung der heimischen Wirtschaft gewährleisten, dass reichlich
Liquidität vorhanden ist, strebe aber eher eine Stabilisierung als künstliches
Wachstum an.

Forderungen, dass fiskalpolitische
Impulse die Geldpolitik flankieren sollten, werden lauter. Bislang ist nur eine
Handvoll Länder auf diesen Kurs eingeschwenkt. Ein Beispiel ist
Frankreich – nach den Protesten der Gelbwesten, ein weiteres China.
Japan hat kürzlich für das kommende Jahr ein Haushaltspaket im Umfang von mehr
als 13 Bio. JPY (121 Mrd. EUR) angekündigt. Es ist nicht abwegig, mit
einer gewissen fiskalpolitischen Expansion in Europa zu rechnen; doch was
Deutschland angeht, sind nur vorsichtige kleinere Anpassungen zu erwarten.

Weltweit betrachtet tragen die
Verbraucher die Wirtschaft – wie in der griechischen Mythologie die Figur
des Atlas das Himmelsgewölbe – auf ihren Schultern und erhalten dabei
Unterstützung vom robusten Arbeitsmarkt.

Das gilt insbesondere für die USA,
für die nun das elfte Wachstumsjahr beginnt. Die Verbraucher bleiben zwar
optimistisch, doch auf die Unternehmen trifft das nicht immer zu. Die
Investitionszahlen für das Jahr 2019 zeigen bereits erste Anzeichen einer
Abkühlung, die gewisse Risiken für die Wirtschaft birgt. Die Arbeitslosigkeit
ist – vorerst – aber nach wie vor auf dem tiefsten Stand seit
50 Jahren. In letzter Zeit halten sich die Unternehmen zwar mit
Einstellungen zurück, entscheidend ist jedoch, dass sie keine Arbeitskräfte
entlassen. Alles in allem sind die Aussichten freundlich, die
Einkaufsmanagerindizes (PMIs) stabilisieren sich, und es deutet immer mehr auf
eine Belebung der Investitionstätigkeit hin. Die US-Wahlen im nächsten Jahr
werden für Anleger in der Region ein wichtiger Faktor sein. Bereits die
Vorwahlen in Iowa am 3. Februar dürften für mehr Klarheit bezüglich der
Kandidaten der Demokraten sorgen. Der wahre Prüfstein wird jedoch die
Bekanntgabe der Ergebnisse des sogenannten „Super Tuesday“ Anfang März sein.
Der Wahlausgang am 3. November wird Auswirkungen auf den US-Dollar, die
Renditen und die Aktienkurse haben (insbesondere für bestimmte Sektoren).

Europa ist noch nicht über den Berg, allerdings befindet sich das Wachstum auch
nicht mehr im freien Fall. Der Fertigungssektor setzt bereits zu einer
Stabilisierung an. Die Unterzeichnung des Phase-1-Handelsabkommens zwischen den
USA und China im Januar ist dabei eine höchst willkommene Entwicklung für die
Region, die im Zuge des Handelskriegs enorme Kollateralschäden erlitten hat.
Nun ist eine Stabilisierung im Automobilsektor vonnöten, um sagen zu können,
dass tatsächlich alle großen Risiken abgewendet wurden. Erwähnt werden sollte
auch, dass zwar die Gefahr eines ungeregelten Brexits abgenommen hat, die
Einigung auf ein neues Handelsabkommen mit Großbritannien aber ein langwieriges
(und vielleicht beschwerliches) Unterfangen wird.

Das Wirtschaftswachstum in China
schwächt sich allmählich weiter ab, die Wachstumsziele der chinesischen
Regierung sind aber noch nicht in Gefahr. Die positiven Faktoren haben weiter
Bestand und es gibt noch reichlich Anlagemöglichkeiten. Außerdem passen die
politischen Entscheidungsträger die Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft
an und sichern die finanzielle Stabilität. Dennoch bezweifeln wir, dass China
im nächsten Jahr die treibende Kraft für eine allgemeine Outperformance der
Schwellenländer sein wird.

AKTIEN

Wir schließen nicht aus, dass sich
die Hausse 2020 fortsetzt, beurteilen diese Anlageklasse jedoch vorerst
neutral. Dabei weisen wir darauf hin, dass die Gewinnerwartungen für nächstes
Jahr schlicht schwindelerregend sind (für den MSCI World wird ein
Gewinnwachstum von 8,8 % prognostiziert). Ohne eine Erholung auf
gesamtwirtschaftlicher Ebene sind Herabstufungen und eine erneute Fokussierung
auf die nüchternen Fundamentaldaten wahrscheinlich.

Was die einzelnen Regionen
betrifft, geben wir aufgrund des soliden gesamtwirtschaftlichen Umfelds den USA
den Vorzug. Dort ist auch der Wohlstandseffekt am deutlichsten sichtbar –
also die selbsterfüllende Prophezeiung, bei der steigende Märkte ein besseres
Konsumklima schaffen, das den US-Unternehmen hilft, ihre Gewinne insgesamt zu
steigern, was wiederum zu weiter steigenden Aktienkursen beiträgt. Bei
europäischen Aktien bleiben wir vorerst zurückhaltend – wenn ein konkretes
Handelsabkommen erzielt wird und die Zinssätze sich normalisieren, würde die
Zukunft angesichts der Exportabhängigkeit der Wirtschaft und der hohen
Bankenkonzentration auf dem Kontinent freundlicher aussehen. Obgleich der
Anstieg der Einkaufsmanagerindizes von den Schwellenländern ausgegangen ist,
sind wir mit Blick auf diese Region zurückhaltend. Das liegt vor allem daran,
dass die Analysten gegenwärtig ein hohes (sprich: unrealistisches)
Gewinnwachstum von über 14 % für 2020 prognostizieren. Für zusätzliche
Belastungen sorgt, dass die Stahl- und Aluminiumexporte aus Lateinamerika vor
Kurzem wieder ins Visier der USA geraten sind. Wird es dabei bleiben? Japan
erscheint allmählich wieder attraktiv und hat die Einführung einer neuen
Verbrauchssteuer recht gut verkraftet. Angemessene Gewinnerwartungen von
5 % für das nächste Jahr und geplante fiskalpolitische Impulse haben Japan
in unserer Beobachtungsliste ganz nach oben katapultiert. Anfang 2020 werden
wir unser Engagement möglicherweise verstärken.

Was die einzelnen Sektoren
betrifft, ist von der eindeutigen Rally in zyklischen Sektoren, die gegen Ende
2019 zu beobachten war, nichts mehr zu sehen. Stattdessen holen die defensiven
Sektoren nun auf. Wir waren die gesamte Zeit über sektorneutral positioniert,
wohlwissend, dass die Rally mehr von der Marktstimmung als von Fundamentaldaten
getragen wurde und dass die Stimmung auch schnell kippen kann. In Bezug auf den
Anlagestil bevorzugen wir Wachstumsaktien, die sich auf einem vernünftigen
Kursniveau bewegen, und halten innerhalb des Anlageuniversums nach
Qualitätsunternehmen mit soliden Bilanzen Ausschau.

FESTVERZINSLICHE ANLAGEN

Insgesamt dürften die Zinsen Ende
nächsten Jahres nach Ansicht unserer Experten eher höher als niedriger sein.
Zyklische Faktoren werden für Aufwärtsdruck sorgen, während strukturelle
Faktoren einen Ausreißer oder einen unkontrollierten Anstieg der Zinssätze, der
für praktisch jede Anlageklasse sehr schmerzhaft wäre, unwahrscheinlicher
machen. Damit die Zinsen merklich steigen, müsste etwas so Signifikantes
geschehen wie eine umfassende Beilegung des Handelskriegs (realistischerweise
ist eine Teillösung zu erwarten, während eine umfassende Beilegung nicht in
Reichweite scheint, da Probleme, die im Zentrum der Auseinandersetzung stehen,
etwa die technologische Vorherrschaft und die wirtschaftliche Führungsrolle,
noch immer ungelöst sind) oder sehr umfangreiche Konjunkturpakete (es ist mit
moderater Unterstützung zu rechnen; dass die Länder 2020 die Spendierhosen
anhaben, dürfte aber kaum zu erwarten sein).

Die große Jagd nach Renditen wird weitergehen. Anleger sollten aber nicht um jeden Preis ihrem Renditehunger folgen; vielmehr kommt es 2020 auf Selektivität an. In einem reinen Anleiheportfolio würden wir Kreditrisiken den Vorzug gegenüber Durationsrisiken geben. In einem gemischten Portfolio (das auch Aktien enthält) spricht jedoch vieles für eine Kombination aus beidem. In der Duration sind wir untergewichtet.

Wir halten einen gewissen Anteil an
Staatsanleihen als Absicherung gegen die Volatilität und erwarten, dass sich
die Renditen europäischer und US-amerikanischer Staatsanleihen leicht
aneinander annähern werden. Die Unsicherheit rund um die US-Präsidentschaftswahlen
dürfte dazu führen, dass sich die US-Renditen in einer festen Spanne bewegen,
während die Renditen deutscher Bundesanleihen etwas unter Druck geraten
könnten. Gründe hierfür sind das weltweite Wachstum, das nun wieder auf Kurs
ist, und die verwässerten politischen Risiken auf dem Kontinent. Wir bevorzugen
die Peripherieländer, die nach wie vor Möglichkeiten für Carry-Trades bieten.
Spanien, Portugal und Italien sind dabei am attraktivsten und obwohl Italien
eine hohe Volatilität aufweist, ist die Risiko-Ertrags-Dynamik dort recht
interessant.

Unsere bevorzugten Anleihen sind
allerdings Investment-Grade-Titel von relativ hoher Qualität. Das von niedrigen
Renditen gekennzeichnete Umfeld, in dem wir tätig sind, erfordert eine echte,
aktive Strategie innerhalb des Investment-Grade-Segments. Dabei ist es überaus
wichtig, kritisch und selektiv zu sein. Wir bewegen uns lieber in der
Kapitalstruktur von bonitätsstärkeren Emittenten nach unten (mittels
nachrangiger Anleihen), anstatt zu Unternehmensanleihen mit schwächerem Rating
zu greifen. Europäische Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating sind
nach wie vor ein „Sweet Spot“ für Anleger, zumal die EZB mit ihren
Anleihekäufen für einen zusätzlichen Puffer gegen Volatilität sorgt. Ihre
US-Pendants beurteilen wir neutral – die Politik der US-Notenbank kann
zwar als kreditfreundlich bezeichnet werden, jedoch ergibt sich bei den
Fundamentaldaten ein durchwachsenes Bild, da die Bruttoverschuldung steigt und
die Zinsdeckung sinkt.

Auf beiden Seiten des Atlantiks
sind Hochzinsanleihen angesichts der mit dieser Anlageklasse verbundenen
Risiken immer noch zu teuer. Schwellenländeranleihen können Anlegern, die eine
höhere Volatilität in Kauf nehmen können, dagegen nach wie vor attraktive
Renditeaufschläge (oder bereinigte Erträge) bieten. Auf Hartwährungen lautende
Staatsanleihen sind wegen ihrer Liquidität, Breite und Tiefe zu bevorzugen.

Insgesamt blicken wir optimistisch
in das neue Jahrzehnt, denn wir wissen, dass das spätzyklische Umfeld in der
Regel positiv für Aktien ist. Wir hielten es jedoch für klug, noch nicht
zuzugreifen, sondern abzuwarten, bis weitere gesamtwirtschaftliche Daten
bestätigen, was Aktienanleger bereits eskomptiert haben. Wenn es soweit ist,
sind wir vorbereitet.


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