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March 5, 2021

BILBoard Februar/März 2021 – Eine sanfte Landung?

Spulen wir zurück zum August 2020. Bei der ersten kommerziellen, von Elon Musks Unternehmen SpaceX durchgeführten Raumfahrtmission gelang Astronauten die erfolgreiche Rückkehr zur Erde und sie wasserten im Golf von Mexiko, nachdem sie zwei Monate auf der Internationalen Raumstation verbracht hatten. Aufgrund der nach wie vor geltenden Reisebeschränkungen stand für den Rest von uns größtenteils Urlaub auf Balkonien auf dem Programm. Die Anzahl der weltweiten COVID-19-Infektionen hatte die 20 Millionen-Marke überschritten und Russland hatte seinen Impfstoff „Sputnik V“ zugelassen. Damit war es das erste Land, das eine behördliche Genehmigung für einen Impfstoff gegen das Coronavirus erteilte. Die großen Zentralbanken verfolgten eine Geldpolitik nach dem Motto „Whatever it takes“ (Koste es, was es wolle). Ihre Anleihenkaufprogramme brachten bereits niedrige Kreditzinsen auf ein völlig neues Niveau. Ein Einbruch der realen Renditen hatte sich an den Finanzmärkten niedergeschlagen und eine sogenannte „Everything Rally“ angefacht, die die wichtigsten Aktienindizes sowie Gold auf neue Höchststände trieb.

Zurück zur Gegenwart: Risikoanlagen verzeichnen einen noch höheren Anstieg, mittlerweile in Begleitung von harten und weichen Rohstoffen. Anleger werden durch die laufende wirtschaftliche Erholung, die fortwährende Freigiebigkeit der Zentralbanken, weitere Konjunkturprogramme und die Impfstoffverteilung angespornt. Die vielversprechenden Wachstumsaussichten haben jedoch unter Anlegern die Sorge ausgelöst, dass die Sterne für eine höhere Inflation günstig stehen; die zweijährigen US-Breakeven-Raten (ein Maß für die Inflationserwartungen des Marktes) erreichten vor kurzem ein Zehnjahreshoch von 2,6 %, und die Renditekurven sind weltweit steiler geworden. Anleger wissen: Aufgrund der Maßgeblichkeit langfristiger Renditen für den Kreditzinssatz (Hypotheken, Unternehmenskreditlinien, Unternehmensanleihen usw.) könnte sich ein zu schneller zu hoher Renditeanstieg nachteilig auf die Konjunkturerholung auswirken und schließlich die Zentralbanken früher als erwartet zu einer Straffung der Geldpolitik nötigen (der Markt beginnt bereits mit der Einpreisung der Zinserhöhungen der Fed ab Sommer 2023). Die realen Renditen ziehen ebenfalls wieder an und schüren Ängste, dass die „Everything Rally“ eine ernüchternde Abkühlung erleben könnte.

Das Basisszenario der BIL ist ein anderes. Bis jetzt ist der Anstieg der Nominalzinsen weitgehend das Resultat steigender Inflationserwartungen. Obgleich die Gefahr besteht, dass die Inflationserwartungen eine sich selbst bestätigende Feedback-Spirale in Gang setzen können, gibt es bei den Breakeven-Raten Anzeichen einer Ermüdung und die amtlich veröffentlichte Inflationsrate hat die hochgesteckten Erwartungen noch nicht bestätigt. Der veröffentlichte Verbraucherpreisindex (CPI) in den USA war mit 1,4 % niedriger als im Januar erwartet, während sich die relativ hohen Zahlen in der Eurozone (+0,9%) mit einer Anhebung der Mehrwertsteuer und der CO2-Preise für deutsche Konsumenten sowie der Zeit der Winterschlussverkäufe in Italien und Frankreich erklären lassen. Wenngleich die Breakeven-Raten noch steigen könnten, ist bereits vieles im Markt eingepreist, was das Haussepotenzial in Grenzen hält. Um dies zu quantifizieren: Zur Zeit des Anlageausschusses lagen die Realzinsen — die Rendite, mit der Anleihenanleger nach Abzug der erwarteten Inflation rechnen können — in den USA bei -0,8 %. Eine Änderung auf rund -0,5 % bis Jahresende (was noch immer ein günstiges Niveau für Risikoanlagen ist) stellt eine vernünftige Erwartung dar.

Entsprechend könnten wir in Zukunft, parallel zu sich bessernden Fundamentaldaten (insbesondere in den USA, da Bidens neues Konjunkturpaket in Umlauf geht), einen geordneteren Anstieg der realen Renditen erwarten. Sofern unsere Einschätzungen richtig sind und der Anstieg kontrolliert und beständig seinen Lauf nimmt, sollten die Märkte nicht aus der Bahn geworfen werden. Sollte sich Gegenteiliges abspielen und langfristigen Renditen, der Erholung vorgreifend, den Gesetzen der Schwerkraft trotzen, sind die Zentralbanken als Sicherheitspuffer da. Genau wie das Bodenkontrollzentrum den Kurs einer Rakete ändern kann, können Zentralbanken Einfluss auf die Kurse am Rentenmarkt nehmen – sei es durch eher restriktive Ankündigungen, Anpassungen ihrer Anleihenkaufprogramme oder Ähnliches.

Angesichts unserer Einschätzung bleiben wir bei Risikoanlagen übergewichtet und bevorzugen Aktien gegenüber Anleihen.

Bei Aktien halten wir an unserer regionalen Allokation fest und geben den USA und China, wo die gesamtwirtschaftliche Dynamik am stärksten ist, den Vorzug. Europa ist durch Verzögerungen bei der Impfstoffverteilung und die Fortsetzung der Kontaktbeschränkungen belastet. Angesichts der Tatsache, dass wir uns jetzt in der Aufwärtsphase des Wachstumszyklus bewegen, haben wir über unsere Sektorschwerpunkte mehr zyklische Produkte in die Portfolios aufgenommen. Dies sei im Folgenden näher erläutert: Die Energiebranche wurde auf eine neutrale Gewichtung angehoben, da sie von der Wiederöffnung der Wirtschaft und steigenden Ölpreisen profitiert. Gleichzeitig wurden defensive Sektoren wie Basiskonsumgüter und Gesundheitswesen zurückgestuft. Damit bleiben wir bei einer Übergewichtung in folgenden zyklischen Sektoren: Nicht-Basiskonsumgüter (die Trends bei Gewinnrevisionen sind stabil, gleichzeitig lassen Umfragen zum Verbrauchervertrauen, E-Commerce-Daten und Unternehmenskommentare darauf schließen, dass die Verbrauchernachfrage schneller wieder auflebt als erwartet), Grundstoffe (steigende Rohstoffpreise haben ein starkes Gewinnwachstum zur Folge) und Industriewerte (in der Annahme steigender Einkaufsmanagerindizes und da diese zu den Hauptbegünstigten umfangreicher Konjunkturprogramme gehören). Den Ausgleich dazu schaffen wir mit einer Übergewichtung in Versorgungsunternehmen, einem defensiven Sektor mit vielversprechenden Aussichten vor Hintergrund der Energiewende und angesichts der enormen finanziellen Anreize, die in eine grünere Wirtschaft gepumpt werden.

In der Welt der Anleihen scheuen wir naturgemäß vor Staatsanleihen und Duration zurück, vorausgesetzt dass die Renditen einen Aufwärtstrend erleben (Kurse bewegen sich gegenläufig zu Renditen). Unserer Auffassung nach liegt der Großteil des Anstiegs der Inflations-Breakeven-Raten hinter uns. Deshalb sehen wir die Risiko-Ertrags-Dynamik bei inflationsgebundenen Anleihen (TIPS) als weniger verlockend an und haben unsere Einschätzung derselben auf neutral herabgestuft. Regional betrachtet werden sich die Renditedifferenzen zwischen den USA und Europa voraussichtlich weiterhin ausweiten. Wir haben unsere Treasury-Positionen Anfang des Monats geschlossen.

Bei Unternehmensanleihen der Kategorie Investment Grade bleiben wir zuversichtlich. Die Spreads lassen eine sehr geringe Volatilität erkennen. Tatsächlich sind die vergangenen drei Monate eines der am wenigsten volatilen Quartale, die je verzeichnet wurden. In einem Umfeld, in dem von den Zentralbanken eine Fortsetzung der Unterstützungsmaßnahmen erwartet wird, sich die makroökonomischen Gegebenheiten verbessern und Anleger in Richtung einer glänzenden Zukunft nach der Pandemie blicken, sollten sich Investment-Grade-Unternehmenstitel gut entwickeln und könnten in Bezug auf die Verengung der Spreads über das Ziel hinausschießen.

Im Hochzinssegment des Rentenmarktes lassen wir Vorsicht walten. Bei Betrachtung der Renditen haben Hochzinsindizes Allzeittiefs erreicht oder fast erreicht und die Schwellenwerte von 4 % in den USA bzw. 3 % in Europa durchbrochen. Vermögenswerte am unteren Ende der Qualitätskurve könnten anfällig gegenüber steigenden Renditen sein, da dies erhöhte Finanzierungskosten abbildet.

Im Bereich von Schwellenländeranleihen geben wir weiterhin Unternehmen mit Investment-Grade-Rating den Vorzug gegenüber Staatsanleihen, da ihre Durationsprofile einen besseren Puffer gegen einen Anstieg der realen Renditen bieten.

Bei Öl sind wir einstweilen neutral positioniert. Während die Reisebeschränkungen weiterhin die globale Nachfrage dämpfen, tendieren die Preise aufwärts, da die Ansätze der Wiederöffnung und Erholung allmählich erste Wirkung zeigen. Saudi-Arabiens einseitige Entscheidung, eine zusätzliche Million Barrel Erdöl pro Tag im Februar und März zurückzuhalten, ist hier ein weiterer unterstützender Aspekt.

Zusammenfassung: Wir bewegen uns jetzt in der Aufwärtsphase des Wachstumszyklus. Deshalb ist unsere Anlagestrategie in Bezug auf Risikoanlagen nach wie vor positiv, wobei wir Aktien gegenüber Anleihen bevorzugen. Innerhalb des Aktiensegments haben wir mittels unserer Sektorauswahl eine zyklische Ausrichtung umgesetzt. In unserem Sonnensystem aus Anleihen entsprechen Investment-Grade-Unternehmen dem Jupiter, während unsere Staatsanleihenallokation eher mit der Größe von Pluto vergleichbar sein dürfte. Nun hängt vieles von der Fähigkeit der Zentralbanken ab, parallel zur wirtschaftlichen Erholung einen gleichmäßigen Anstieg der Renditen zu inszenieren. Ein Kommunikations-Ausrutscher könnte in der Tat zu einem „Houston, wir haben ein Problem“-Moment an den Märkten und zu erhöhter Volatilität führen. Unsere Portfolios sind in gewissem Maße durch eine gute Diversifizierung über alle Anlageklassen und Regionen geschützt. In Einklang mit dem Referenzindex haben wir unsere Goldallokation beibehalten, die während der jüngsten Phasen von Marktvolatilität einen guten Diversifizierungsfaktor darstellte.

Einschätzung: Gibt an, ob wir die Anlageklasse positiv, neutral oder mit Skepsis beurteilen. Änderung: Gibt an, wie sich unser Engagement seit der Sitzung des Ausschusses für Vermögensaufteilung im Vormonat verändert hat


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