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December 2, 2019

BILBoard November 2019 – Wird sich das Wirtschaftswachstum auf niedrigem Niveau stabilisieren oder sogar erholen?

2019
ist die Weltwirtschaft aufgrund der Handelsspannungen zwischen den USA und
China deutlich langsamer gewachsen. Wachstumslokomotiven wie Deutschland sind
nur knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Inzwischen zeigt die
geldpolitische Lockerung der Zentralbanken Wirkung, sodass wir in letzter Zeit
eine gewisse Stabilisierung auf der Makroebene feststellen. Die Meinungen für
2020 sind geteilt und konzentrieren sich auf folgende zwei zentrale Szenarien:
Wird die Weltwirtschaft sich weiter abkühlen oder steht sie an einem
Wendepunkt, von dem aus das Wachstum wieder an Fahrt gewinnt?

Das
verarbeitende Gewerbe war der Schwachpunkt in dieser Phase der Verlangsamung.
Die Konsumausgaben waren dagegen der Rettungsanker und wurden durch einen
robusten Arbeitsmarkt gestützt. Letztere sind unverändert intakt. Die Zahlen
der Einkaufsmanagerindizes deuten jedoch darauf hin, dass im verarbeitenden
Gewerbe endlich die Talsohle erreicht ist und sogar eine langsame Erholung
einsetzt, insbesondere in den Schwellenländern.

Der
Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in den USA kletterte
vor Kurzem ebenfalls von 51,1 auf 51,3 Punkte (ein Stand von über
50 Zählern deutet auf eine Expansion hin). Die jüngsten Daten zur
Industrieproduktion waren mit einem Minus von 0,8 % zwar enttäuschend, was
aber zum großen Teil an Störungen im Automobilsektor angesichts des Streiks bei
General Motors lag. Dort legten 48.000 Arbeiter 40 Tage lang die
Arbeit nieder. Ebenfalls erfreulich ist der erneute Anstieg der neuen
Exportaufträge auf über 50 Zähler. Das trug zu einer leichten Abschwächung
des ISM-Index für das verarbeitende Gewerbe im Oktober bei.

In
Europa hat sich die Situation gegenüber dem Vormonat leicht verbessert,
aber wir sind noch nicht über den Berg. Die Daten zur Industrieproduktion
stimmten leicht optimistisch und stiegen im September, getragen von der
Binnennachfrage, den zweiten Monat in Folge. Das Geschäftsklima in Deutschland
hellte sich trotz drohender Rezession auf. Der Ifo-Geschäftsklimaindex
kletterte auf 95 Punkte, woraus sich 0,2 % Wachstum im
4. Quartal ergeben. Auch hier trug die Binnennachfrage deutlich positiv
bei. Das Problem ist jedoch, dass die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe
möglicherweise bereits auf den Dienstleistungssektor übergeschwappt ist. In der
Eurozone konnte der freie Fall des Wachstums wohl vermieden werden, die Gefahr
für die Wirtschaft ist jedoch noch nicht gebannt. Für die exportorientierte
Wirtschaft hängt zudem viel von einer Einigung im Handelskonflikt zwischen den
USA und China ab.

In
den meisten führenden Volkswirtschaften sind die Finanzierungsbedingungen
unverändert günstig, bei gleichzeitig kontrollierter Inflation. Die
Zentralbanken halten an ihrer entgegenkommenden Politik fest: Die EZB zieht
alle Register, während die Fed nach drei Zinssenkungen eine Pause einlegt,
weitere Maßnahmen aber nicht ausschließt, sollten diese notwendig werden. Auch
die chinesische Notenbank verbessert recht aktiv ihre Politik und feilt an ihrem wachstumsfördernden Kurs. Dieses Umfeld dürfte eine weitere
Verlängerung des Zyklus begünstigen, insbesondere da die Risiken eines
ausgewachsenen Handelskriegs und eines ungeregelten Brexit abnehmen.

Sollten
die Handelsgespräche jedoch eine plötzliche Wende nehmen, könnte sich das
Makroumfeld schnell dramatisch eintrüben. Derzeit scheinen die Entwicklungen in
eine gute Richtung zu gehen. Die neuste Meldung stammt dabei vom Nationalen
Sicherheitsberater der USA, Robert O’Brien, der das Zustandekommen einer ersten
Handelsvereinbarung mit China bis zum Jahresende für möglich hält.

Aktien

Wir
beließen unser Aktien-Exposure bei einer leichten Untergewichtung. Die Gewinne
im dritten Quartal übertrafen zwar die Erwartungen (was die Märkte kurzfristig
beflügelte), aber im Wesentlichen verzeichneten weder die USA noch Europa unter
dem Strich ein Gewinnwachstum. Die Gewinnerwartungen der Analysten für das
nächste Jahr sind nach wie vor recht hoch und werden kaum zu übertreffen sein,
sollte sich das Makroklima nicht deutlich aufhellen. In diesem Fall wären die
Aktienmärkte durchaus in der Lage, neue Höchststände zu erklimmen. Ob dies aber
eintreten wird, ist äußerst fraglich. Vorerst scheinen Anleger die
Stabilisierung der Einkaufsmanagerindizes jedoch überzubewerten und zu dem
Fazit gelangt zu sein, dass die Einkaufsmanagerindizes wieder nach oben
tendieren. Soweit ist es aber noch nicht, und es besteht die Gefahr, dass
früher oder später kalte, harte Fundamentaldaten wieder in den Fokus rücken
werden.

Vorerst
sorgt die erneute Risikobereitschaft dafür, dass Kapital in großem Stil von
defensiven in zyklische Sektoren fließt. Wir bevorzugen weiterhin eine
sektorneutrale Positionierung, denn wir wissen, dass die Stimmung unberechenbar
ist und jederzeit umschlagen kann. Defensive Werte erscheinen überdies
attraktiver, wenn man die Fundamentaldaten und die Gewinnerwartungen führender
Analysten für das 4. Quartal näher betrachtet.

Global
favorisieren wir Wachstumswerte, die zu einem vernünftigen Preis zu haben sind,
sowie große Large Caps, um die Volatilität zu begrenzen. Regional setzen
wir weiterhin vor allem auf die USA, obwohl die Bewertungen etwas teuer sind.
In Europa und den Schwellenländern sind wir untergewichtet. Erstere Region
leidet am meisten unter dem Handelskrieg zwischen den USA und China, während
die Analysten für Letztere derzeit ein Umsatzwachstum von 14 % für das
Jahr 2020 vorhersagen. Diese Zahl wird aber wahrscheinlich noch nach unten
korrigiert werden. Japan entwickelt sich dank des Binnenkonsums erfreulich.
Möglicherweise werden wir daher Anfang 2020 unsere Untergewichtung auf den
Prüfstand stellen.

Festverzinsliche Anlagen

Angesichts
der Zuversicht in Bezug auf den Handelskonflikt und der Hoffnungen, dass bei
den Makrodaten eine Talsohle erreicht ist, sind die Zinsen erneut stetig
gestiegen. Wird sich dieser Trend fortsetzen? Nach Ansicht unserer Experten
besteht die Asymmetrie unverändert. So ist die Wahrscheinlichkeit, dass die
Zinsen Ende des nächsten Jahres steigen, größer, als dass sie sinken. Bei US-Staatsanleihen
sind wir neutral positioniert, bei Staatsanleihen der europäischen Kernländer
dagegen bis auf Weiteres untergewichtet. Einzeln haben diese Instrumente zwar
möglicherweise wenig zu bieten, sie sind aber ein guter Schutz gegen
Schwankungen an den Aktienmärkten. Wir haben eine neutrale Durationsposition
(die Benchmark-Duration liegt bei rund 7 Jahren) und zögern, diese zu
reduzieren, solange das politische Risiko im Hintergrund fortbesteht.

Die
meisten europäischen Staatsanleihen verzeichnen Negativrenditen. Daher sind
europäische Investment-Grade-Unternehmensanleihen nach wie vor der „Sweet Spot“
für Anleger. Dies gilt umso mehr, als die EZB mit ihren Anleihekäufen für einen
zusätzlichen Puffer gegen Volatilität sorgt. Die europäische Zentralbank
startete ihr Programm zum Kauf von Unternehmensanleihen mit einem Paukenschlag,
indem sie in den ersten beiden Novemberwochen Anleihen im Wert von
2,5 Mrd. Euro und damit mehr als erwartet kaufte. Angesichts dieser Stütze
lassen wir die Anlageklasse gerne übergewichtet. Im US-Investment-Grade-Sektor
sind wir neutral positioniert. Die Politik der US-Notenbank lässt sich durchaus
als kreditfreundlich bezeichnen. Bei den Fundamentaldaten ergibt sich jedoch
ein durchwachsenes Bild, da die Bruttoverschuldung steigt und die Zinsdeckung
sinkt.

Wir
sind bei Hochzinsanleihen untergewichtet, da sie angesichts der mit ihnen
verbundenen Risiken dies- und jenseits des Atlantiks unverändert teuer sind.
Unser geringes Exposure hier konzentriert sich auf nachrangige Finanztitel.
Diese könnten weiter zulegen, wenn die europäischen Peripherieländer die
Talsohle durchschreiten. Gleichzeitig weisen sie ein niedrigeres Kuponrisiko
auf. Die meisten Banken übertreffen den maximal ausschüttungsfähigen Betrag
(MBA) deutlich. Diese Regelung verpflichtet die Aufsichtsbehörden,
Ausschüttungen automatisch einzuschränken, wenn das Gesamtkapital einer Bank
unter einen zuvor festgelegten Grenzwert fällt. Bei Schwellenländeranleihen
sind wir neutral positioniert, wobei wir Staatsanleihen in Hartwährung wegen
ihrer besseren Liquiditätsmerkmale bevorzugen.

Insgesamt spiegelt sich in unserer Gesamtallokation und der
leichten Untergewichtung von Aktien unsere Einschätzung wider, dass sich das
Wachstum zwar verlangsamen, jedoch nicht in eine Rezession abrutschen wird. Wir
werden in Ruhe abwarten, bevor wir das Risiko in unseren Portfolios erhöhen.
Schließlich muss sich die Wachstumserholung erst in den Wirtschaftsdaten
widerspiegeln und es muss sich noch zeigen, ob die Talsohle durchschritten ist.

Einschätzung: Gibt an, ob wir die Anlageklasse positiv, neutral oder mit Skepsis beurteilen
Änderung: Gibt an, wie sich unser Engagement seit der Sitzung des Ausschusses für Vermögensaufteilung im Vormonat verändert hat

 


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